Jobmessen boomen wieder oder doch ein Auslaufmodell?
Personalentscheider fragen sich 2025, ob der klassische Messeauftritt sich noch lohnt. In Zeiten von Online-Jobbörsen und Active Sourcing scheint die Relevanz von Job- und Karrieremessen neu auf dem Prüfstand. Dieser Artikel beleuchtet Kosten, Vor- und Nachteile, geografische Reichweite sowie die Entwicklung der Besucherzahlen von Recruitingmessen 2024/2025 – gestützt auf aktuelle Daten und Experteneinschätzungen. Am Ende ziehen wir ein Fazit, ob Messen nach der Corona-Delle ein Comeback feiern oder an Bedeutung verlieren.
Inhaltsverzeichnis
Was kostet ein Messeauftritt als Aussteller?
Die Teilnahme an einer Jobmesse ist eine erhebliche Investition. Durchschnittliche Kosten für einen Messeauftritt liegen schnell im fünfstelligen Bereich – je nach Messegröße und Aufwand. Allein die Standmiete schlägt meist mit ca. 150 bis 200 Euro pro Quadratmeter zu Buche. Ein kleiner Stand (z.B. 10 m²) kostet so schon rund 1.500–2.000 € Raummiete. Doch damit nicht genug: Hinzu kommen Standbau und Ausstattung, Reisekosten, Übernachtungen sowie das Gehalt der Mitarbeitenden vor Ort. Laut Branchendaten entfallen z.B. 20,7 % der Messekosten auf die Standfläche, weitere 30,8 % auf Standbau, Transport und Dienstleistungen, 16,3 % auf interne Personalkosten (Planung, Betreuung), 12,6 % auf Unterkunft/Verpflegung und etwa 10 % auf Anreise.
Diese Fixkosten sind kaum zu vermeiden. Insgesamt geben fast drei Viertel der Unternehmen bis zu 50.000 € pro Messeauftritt aus; ein Viertel schafft es zwar unter 10.000 €, doch viele große Aussteller investieren deutlich mehr (Was kostet ein Messestand?).
Fazit Kosten: Recruitingmessen sind vergleichsweise teuer im Kanal-Mix. Dies erklärt, warum Personalverantwortliche genau abwägen müssen, ob der Ertrag (qualifizierte Kontakte, Einstellungen) den hohen Aufwand rechtfertigt.
Vorteile: persönlicher Kontakt und Employer Branding
Trotz der Kosten bieten Job- und Karrieremessen einzigartige Vorteile, vor allem durch den persönlichen Kontakt.
Face-to-face-Gespräche ermöglichen einen tieferen Eindruck von Bewerbenden und Unternehmen als jede Online-Bewerbung. Recruiter*innen können in kurzen Chats direkt einschätzen, ob ein Kandidat ins Anforderungsprofil passt – und umgekehrt erlebt der Bewerbende authentische Einblicke in die Kultur des Unternehmens. Diese sofortige beidseitige Rückmeldung ist Gold wert: Passt es, lassen sich Folgetermine oder sogar Einstellungen oft beschleunigt anbahnen, ohne langwierigen Bewerbungsprozess.
Zudem dienen Messen hervorragend dem Employer Branding. Ein attraktiver, offener Messestand präsentiert das Unternehmen als Arbeitgebermarke zum Anfassen. Positive Erlebnisse am Stand – sei es durch nette Gespräche, Infos oder Giveaways – bleiben im Gedächtnis der Besucher und werden mitunter über Social Media weitergeteilt. Diese Mundpropaganda ist kostenlose Werbung für den Aussteller. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels und War for Talents wollen Firmen nichts unversucht lassen, um aufzufallen. Hier können Messen helfen, sich von Wettbewerbern abzuheben, insbesondere mit einem ansprechenden Standdesign und direkten Ansprechpartnern vor Ort.
Ein weiterer Vorteil: Gezieltes Netzwerken. Auf Karrieremessen trifft man nicht nur aktiv Suchende, sondern knüpft auch Kontakte zu Hochschulen, Verbänden und anderen Unternehmen. Solche Kontakte und Marktinformationen kann man später nutzen. Speziell für mittelständische Arbeitgeber bieten Messen die Chance, mit Kandidaten ins Gespräch zu kommen, die man über Online-Stellenanzeigen vielleicht nicht erreicht hätte. Eine Studie in der Speditionsbranche ergab beispielsweise, dass die 40 % der Unternehmen, die auf Recruitingmessen gehen, deutlich erfolgreicher in der Azubi-Gewinnung sind als die 60 %, die Messen fernbleiben.
Persönlicher Dialog zahlt sich hier also direkt in besseren Recruiting-Ergebnissen aus.
Nachteile: hohe Streuverluste und begrenzte Reichweite
Natürlich gibt es auch Nachteile des Messe-Recruitings. Der offensichtlichste sind die bereits genannten Kosten, die deutlich über anderen Kanälen wie Jobbörsen, Social Media oder Mitarbeiterempfehlungen liegen. Ein Messeauftritt will zudem langfristig geplant sein (Standbuchung, Logistik, Personalplanung), bindet interne Ressourcen und erfordert Nachbereitung der Kontakte. Zeit und Aufwand sind hoch – und eine Erfolgsgarantie gibt es nicht. So mancher Personaler stand schon frustriert nach einer Messe ohne konkrete Neueinstellung da, trotz tausender investierter Euro.
Hinzu kommt das Problem möglicher Streuverluste: Auf offenen Jobmessen tummeln sich zwar viele Besucher*innen, aber nicht alle passen zur eigenen Zielgruppe. Manche sind noch unentschlossen, andere nur wegen der Gratis-Giveaways vor Ort. Die gewünschten High Potentials herauszufiltern, ist nicht trivial.
Auch kann die Messeatmosphäre oberflächlich bleiben – kurze Gespräche reichen oft nicht, um die Eignung wirklich zu beurteilen. Dann muss doch wieder ein regulärer Bewerbungsprozess folgen. Kritiker*innen merken daher an, dass man mit dem gleichen Budget über Online-Kampagnen oft gezielter passende Kandidat*innen ansprechen kann – ohne so viel „Traffic“, der ins Leere läuft.
Ein weiteres Manko ist die geografische Einschränkung klassischer Präsenzmessen. Eine Firmenkontaktmesse findet in einer bestimmten Stadt oder Region statt und zieht vorwiegend lokales Publikum an.
Unternehmen erreichen also meist nur Kandidaten, die vor Ort sind oder anreisen – Fernbewerber bleiben fern. Das ist vor allem dann problematisch, wenn man überregional oder international rekrutieren möchte. Die IHK Berlin rät Ausstellern daher, genau zu prüfen, ob eine Messe nur einen bestimmten Bezirk bedient oder überregional ausstrahlt.
Viele Messen – insbesondere Hochschulmessen – richten sich naturgemäß an regionale Absolventen. Reine Präsenz-Events sind „lokal begrenzt“ und sprechen meistens Berufseinsteiger an. Für die Rekrutierung sehr erfahrener Fach- und Führungskräfte sind allgemeine Jobmessen daher weniger geeignet. Hier gibt es inzwischen zwar Spezialformate (z.B. „job40plus“ für ältere Professionals), doch insgesamt bleibt die Reichweite einer Messe ohne digitale Verlängerung räumlich beschränkt.
Reichweite und Besucherzahlen 2024/25: Quo vadis Recruitingmesse?
Nach dem Corona-bedingten Einbruch verzeichnen viele Karriere-Events wieder deutlich steigende Besucherzahlen.
Während der Pandemie galten Messen fast als überholt und wurden notgedrungen virtuell ersetzt. Doch 2023/2024 erlebten Deutschlands Messeplätze ein überraschendes Comeback. Laut AUMA, dem Verband der deutschen Messewirtschaft, zählte man 2023 rund 11,4 Millionen Messebesucher, ein Plus von 50 % gegenüber 2022.
Natürlich betrifft das alle Branchenmessen – vom Automobil bis zur Touristik – doch auch Recruitingmessen profitierten von der Wiederkehr der Live-Events.
Zahlreiche Jobmessen melden Rekorde: Die herCAREER Expo 2023 (Karrieremesse für Frauen) erreichte mit 6.463 Besucherinnen einen neuen Höchstwert. Die KarriereStart 2025 in Dresden zog sogar über 40.000 Besucher an – mehr als je zuvor und deutlich mehr als die 36.000 im Vorjahr.
Auch regionale Messen wie die jobmesse deutschland tour verzeichnen regen Zulauf: In Hamburg bildeten sich 2023 „lange Besucherschlangen“ vor den Hallen, und Aussteller berichteten von einem starken Andrang an interessierten Kandidaten. In Kiel konnte die Jobmesse 2023 so viele Aussteller wie nie begrüßen (über 120 Unternehmen) – ein Indikator, dass Firmen diese Plattform wieder verstärkt nutzen.
Diese Beispiele zeigen: Recruitingmessen sind 2024/25 keineswegs tot, sondern für viele Zielgruppen wieder attraktiv.
Interessant ist der Blick auf Umfragen zur Nutzung von Recruitingkanälen. Zwar dominieren nach wie vor Online-Stellenbörsen und Mitarbeiterempfehlungen die Rangliste, doch Job- und Absolventenmessen gehören weiterhin zum festen Repertoire vieler Unternehmen. In einer HR-Benchmark-Studie 2023 nannten rund 15–17 % der Recruiter Azubi- und Absolventenmessen als regelmäßig genutzte Methode.
Damit liegen Messen zwar hinter digitalen Kanälen, werden aber immerhin von jedem sechsten Unternehmen aktiv eingesetzt. Die Tendenz könnte wieder steigend sein, da Präsenzveranstaltungen zurückkehren und Hybridkonzepte neue Reichweiten ermöglichen.
Hybridformate: Messen erfinden sich neu
Eine wichtige Entwicklung, die die Zukunft der Karrieremessen sichern könnte, sind hybride Formate.
Viele Messeveranstalter haben aus der Not eine Tugend gemacht und kombinieren inzwischen Präsenz-Events mit digitalen Elementen. So fand etwa die Karrieremesse der Hochschule Fulda Hybrid statt: Unternehmen präsentierten sich vor Ort und auf einer Online-Plattform, auf der schon vorab per App Matches zwischen Bewerbern und Ausstellern vereinbart wurden. Digitale Tools wie „talentefinder“ ermöglichen es, virtuelle Gesprächstermine und Vorab-Kontakte zu arrangieren. Am Messetag selbst kommt es dann gezielt zu persönlichen Interviews – oder alternativ zu Videogesprächen für diejenigen, die nicht anreisen können.
Diese Verknüpfung von Offline und Online erweitert die Reichweite über die Region hinaus und senkt gleichzeitig die Streuverluste, da beide Seiten vorab Interesse bekunden. Auch große Messe-Events (z.B. Zukunft Personal für HR-Profis) setzen verstärkt auf digitale Begleitung, Livestreams von Vorträgen und Networking-Apps. Hybride Recruitingmessen bieten somit das „Beste aus beiden Welten“: persönliche Begegnungen und breite Zugänglichkeit.
Fazit: Sind Recruitingmessen 2025 noch relevant?
Ja – mit Abstrichen. Job- und Karrieremessen haben 2025 trotz Digitalisierung ihren Platz im Recruitingmix. Sie ermöglichen persönliche Kontakte, die kein virtuelles Format in gleicher Intensität ersetzen kann. Gerade für Young Professionals, Absolventen und Azubis sind Messen weiterhin ein wichtiger Treffpunkt mit Arbeitgebern aller Branchen.
Die Besucherzahlen sprechen für sich: Nach der Flaute 2020/21 feiern viele Messen ein Comeback und knüpfen an frühere Erfolge an. Unternehmen, die Präsenz zeigen, können im Wettbewerb um Talente positiv auffallen und ihr Image schärfen.
Dennoch sollten Personalverantwortliche realistisch abwägen. Messen sind kein Allheilmittel: Der finanzielle und organisatorische Aufwand ist hoch, und ohne passende Strategie kann die Ausbeute an qualifizierten Bewerbern gering bleiben. Für international oder sehr spezialisiert suchende Firmen könnten andere Kanäle effizienter sein. Der Trend geht dahin, Messen gezielter auszuwählen (nur die Events mit passender Zielgruppe) und diese in hybrider Form zu nutzen, um Reichweite und Effizienz zu erhöhen.
Kurzum: Recruitingmessen sind „wieder im Kommen“ – aber anders als früher, integrierter in eine Multikanal-Strategie und oft unterstützt durch digitale Tools.
Wer 2025 auf Messen setzt, sollte das bewusst tun: Die Stärken persönlicher Begegnungen ausspielen und die Schwächen (Kosten, Lokales) durch smarte Planung abfedern. Gelingt dies, bleiben Karrieremessen auch in der heutigen Arbeitswelt ein relevanter Recruitingkanal, der sich – ergänzend zu Online-Maßnahmen – lohnen kann.
Wir bei den TALENTLOTSEN sind Profis in dem Bereich der Direktansprache und haben mit innovativen Methoden einen neuen Weg gefunden, die besten Talente für eine offene Stelle zu identifizieren. Sprecht uns uns gerne an!
Job- und Karrieremessen 2025: Noch ein relevanter Recruitingkanal?
Jobmessen boomen wieder oder doch ein Auslaufmodell? Personalentscheider fragen sich 2025, ob der klassische Messeauftritt sich noch lohnt. In Zeiten von Online-Jobbörsen und Active Sourcing scheint die Relevanz von Job- und Karrieremessen neu auf dem Prüfstand. Dieser Artikel beleuchtet Kosten, Vor- und Nachteile, geografische Reichweite sowie die Entwicklung der Besucherzahlen
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Einleitung Die Flexibilität von Arbeitsmodellen hat sich in den letzten Jahren stark verändert, insbesondere durch die Coronazeit und damit einhergehend zunehmende Digitalisierung, aber natürlich auch aus Benefitgründen (u.a. mit dem Zweck der Mitarbeiterfindung und Bindung) infolge des sich stetig verschärfenden Fachkräftemangels. Vielen dürfte klar sein: Wer diese Trends verschläft oder
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Warum jetzt der Zeitpunkt für eine berufliche Neuorientierung besonders günstig ist Die rasante Digitalisierung und Automatisierung, der demografische Wandel und die Verschiebung der Bedeutung einzelner Berufszweige verändern die Arbeitswelt enorm. Persönliche Faktoren wie Unzufriedenheit, gesundheitliche Belastungen und fehlende Perspektiven verstärken bei vielen den Wunsch nach Veränderung. Besonders die Pandemie hat