Die Diskussion um die 4-Tage-Woche ist schon seit einigen Jahren ein immer wiederkehrendes Thema in Deutschland. Während einige die potenziellen Vorteile für Arbeitnehmer und -geber*innen betonen, gibt es auch skeptische Stimmen, die die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Arbeitskultur kritisch betrachten. Doch mitten in diesem Spannungsfeld steht eine wegweisende Pilotstudie, die Antworten auf die drängenden Fragen liefern soll und diesen Februar in die offizielle Testphase gestartet ist.
Inhaltsverzeichnis
Die 4-Tage-Woche im Fokus der Öffentlichkeit
Als eine der Vorreiterinnen dieses Konzepts in Deutschland gilt Jessica Hansen, eine Malermeisterin, die die verkürzte Arbeitswoche in ihrem Betrieb 2022 eingeführt hat. Ihr Engagement hat dazu beigetragen, die Debatte über flexible Arbeitszeitmodelle voranzutreiben und politische Entscheidungsträger aufmerksam zu machen. So ist sie seitdem häufig in Talkshows zu sehen, lädt Politiker*innen zu sich in den Betrieb ein und zeigt offen und transparent, wie dieses New Work Modell funktionieren kann. Arbeitsminister Hubertus Heil war bei ihr auch schon zu Gast und zeigte sich interessiert aber betonte dabei auch, dass es kein Schema F geben kann, dass eins zu eins für alle Betriebe funktionieren wird.
Während Hubertus Heil einen berechtigten Einwurf zur Übertragbarkeit des Modells auf die breite Masse an Betrieben gegeben hat, zeigt sich die Debatte bisher leider oftmals in klaren Lagern und klassischem Schwarz-Weiß-Denken. Die Ambivalenz zwischen Produktivität und Lebensqualität steht dabei im Fokus. Während Befürworter von gesteigerter Effizienz und besserer Work-Life-Balance sprechen, äußern Kritiker energisch Bedenken hinsichtlich möglicher negativer Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Qualität der Arbeit.
Die Warnung keine Experimente während der Wirtschaftskrise zu wagen steht hier gegenüber Aussagen wie der vom bekannten und umstrittenen Geschäftsmann Carsten Maschmeyer, dass gerade unser konservatives Festhalten an der starren Fünf-Tage-Woche ein Grund ist, warum wir in eben dieser Krise verharren.
Die Vier-Tage-Woche ist sicherlich kein leichtes Unterfangen und Vorteile sowie Nachteile zu großen Teilen vorhanden. Die Diskussion darum aber zum aktuellen Zeitpunkt in einer schlichten Ja oder Nein Debatte zu führen ist, besonders ohne auf umfangreiche Daten für Deutschland zurückgreifen zu können, nicht zielführend. Es sollten sich alle einig sein, dass Maßnahmen zu einer Verbesserung der Lebensqualität im Kontext der Arbeit per se erstrebenswert sind und der Fokus daher auf die Fragen gelenkt werden sollte, welche Konzepte, in welcher Form und welchem Ausmaß möglich und selbstverständlich auch wirtschaftlich realistisch sind.
Das Pilotprojekt
Um genau diese Fragen zu klären, wurde im September 2023 die bislang größte deutsche Studie zur 4-Tage-Woche ins Leben gerufen, welche im Februar diesen Jahres nun in die Testphase gestartet ist. In Zusammenarbeit mit renommierten Partnern wie der NGO 4 Day Week Global und der Universität Münster sollen fundierte Erkenntnisse gewonnen werden, die als Grundlage für zukünftige Arbeitszeitmodelle dienen können.
Die teilnehmenden Unternehmen erhalten während des Pilotprojekts umfassende Unterstützung, darunter Training, Mentoring und wissenschaftliche Begleitung. Die erwarteten Ergebnisse könnten wegweisend sein für eine moderne und flexible Arbeitswelt, die den Bedürfnissen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen gerecht wird.
Andere Projekte geben bereits Hoffnung, denn Erkenntnisse aus Studien in anderen Ländern, teilweise ebenfalls von der NGO 4 Day Week Global, zeigen bereits positive Effekte einer verkürzten Arbeitswoche. In Großbritannien beispielsweise konnten positive Auswirkungen auf die Mitarbeiterbindung, die Attraktivität der Unternehmen und eben auch die Produktivität festgestellt werden. Gerade aus unserer Perspektive im Recruiting sei die Attraktivität der Unternehmen hier einmal hervorgehoben. Im harten Markt um qualifizierte Fachkräfte, sollte jedes Unternehmen diesen auch endlich als Markt verstehen und entsprechend für USPs sorgen, um aus der breiten Masse an Arbeitgebern herauszustechen und potenzielle Mitarbeiter*innen anzuziehen. Aktuell ist es kaum leichter positiv aufzufallen als in einem von der Fünf-Tage-Woche gesättigten Markt mit einer Vier-Tage-Woche in die Offensive zu gehen, sofern diese umsetzbar ist.
Dennoch ist es, auch bei unserer Euphorie über die bisherigen internationalen Ergebnisse, wichtig zu betonen, dass die Bedingungen und Branchen in Deutschland möglicherweise von denen in anderen Ländern abweichen. Die deutsche Studie integriert daher unterschiedliche Arbeitsfelder, um ein realistisches Bild zu erhalten und branchenspezifische Lösungen zu entwickeln.
Die Zusammensetzung der teilnehmenden Unternehmen
Unternehmensgröße:
- 13% Kleinstunternehmen unter 9 MA
- 54% kleine Unternehmen unter 49 MA
- 19% mittlere Unternehmen unter 249 MA
- 14 % Großunternehmen über 249 MA
Branchen: Die Branchen gehen dabei für möglichst umfassende Ergebnisse in nahezu alle Bereiche. Von Industrie bis Soziale Einrichtungen. Sie berücksichtigen ebenfalls das Handwerk, den Technologiesektor und natürlich die klassischen Büro- und Dienstleistungsberufe. Eine genaue Auflistung aller berücksichtigten Branchen ist hier zu finden.
Herausforderungen und die Hoffnung auf Antworten
Die Herausforderungen bei der Umsetzung in verschiedenen Branchen sind vielfältig. Wie soll ein Service der 24h am Tag erreichbar ist zukünftig aufgeteilt werden? Wie kann die Produktionskette weiterlaufen, wenn zukünftig Lieferungen eines Tages eventuell ausfallen? Wie viele Personen müssen mehr eingestellt werden, um das Arbeitspensum zu bewältigen, wenn ein Teil der Belegschaft am Freitag und ein anderer am Montag fehlt?
Es werden aber auch Herausforderungen in der Selbstreflexion aufkommen: Ist es wirklich notwendig, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen, oder ist es möglich, die Aufgaben in vier Tagen zu bewältigen? Eventuell werden die Angestellten unnötig lange am Arbeitsplatz gehalten, was zu häufigeren Krankheitsausfällen führt. Ist eine derart intensive Kontrolle überhaupt angemessen, während maximale Flexibilität in der Arbeitszeit eine gesunde Work-Life-Balance ermöglicht und dennoch ein konstantes Geschäftsergebnis erzielt wird?
Von der Organisation der Arbeitsabläufe bis hin zur Kommunikation müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden, um die Vorteile einer 4-Tage-Woche optimal zu nutzen und etwaige Risiken zu minimieren.
Fazit
In der sich weiterhin stark wandelnden Arbeitswelt wird eine flexible Arbeitskultur immer wichtiger, realistischer und auch erstrebenswerter. Die Einführung einer Vier-Tage-Woche kann ein wichtiger Schritt sein, um die Attraktivität von Unternehmen als Arbeitgeber zu steigern und den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden.
Die Erwartungen an die Ergebnisse der Pilotstudie sind dementsprechend hoch. Doch unabhängig von den konkreten Ergebnissen wird die Diskussion um die Zukunft der Arbeit weiterhin intensiv geführt werden müssen. Die 4-Tage-Woche könnte dabei eine der ersten zentralen Rollen spielen, neue Impulse für eine zeitgemäße Arbeitswelt setzen und so dafür sorgen dass es zukünftig nicht mehr heißt zwischen Leben für die Arbeit und Arbeiten zum Leben zu entscheiden, sondern ein erfülltes Leben mit der Arbeit als Standard zu etablieren.
Sollte Ihr Unternehmen aktuell noch die Ergebnisse abwarten und daher bei der Kandidatensuche mit den anderen Firmen mit der klassischen 5-Tage-Woche konkurrieren, sprechen Sie uns gerne an!
Wir helfen Ihnen bei der Suche nach Arbeitskräften und rücken bis dahin Ihre anderen Stärken in den Vordergrund.
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