Artificial Intelligence (AI) bzw. zu deutsch Künstliche Intelligenz (KI) ist ein faszinierendes Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Am Platzhirsch Chat GPT ist wohl mittlerweile niemand mehr vorbeigekommen, und spätestens seit dem 10. Januar 2024, als der GPT-Store öffnete, wurden die Möglichkeiten auf eine neue Stufe gehoben.
Unternehmen stellen sich daher nicht umsonst immer häufiger die Frage: „Wie können auch wir von KI profitieren?“. Als Spezialist*innen im Recruiting, möchten wir uns in diesem Artikel natürlich in erster Linie auf die Chancen von künstlicher Intelligenz im Personalwesen konzentrieren und einige Denkanstöße mitgeben, denn Künstliche Intelligenz kann allein im HR-Bereich vielfältig eingesetzt werden, sei es im Recruiting, im Talentmanagement oder der Mitarbeiterentwicklung.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Wo zuvor innerhalb des Standardinterfaces von Chat GPT versucht wurde, mit den richtigen Prompts die gewünschten Ergebnisse zu erzielen, können Unternehmen nun mit relativ geringem Aufwand eigene und auf ihre Anforderungen zugeschnittene KIs, sogenannte GPTs (Generative Pretrained Transformer), erstellen. Im Unterschied zu allgemeinen Anfragen an Chat-GPT gibt die GPT der KI bestimmte Rahmenbedingungen vor, die sie bei der Bearbeitung beachten muss. Dies können beispielsweise Anforderungen an die Beantwortung einer Frage mithilfe bestimmter Dokumente oder in einer spezifischen Form sein. Besonders interessant ist die neue Möglichkeit, GPT mit externen Programmen und Dokumenten zu vernetzen. Unternehmen können sie nun beispielsweise ins E-Mail-Programm integrieren, in Websites einbinden oder auf eine eigene Datenbank zugreifen lassen.
KI im Recruiting
Im Recruiting geht es vor allem darum geeignete Kandidaten zu finden, zu filtern und den Erstkontakt so angenehm wie möglich zu gestalten. Hier kann KI die Prozesse maßgeblich beschleunigen.
Vorselektion und Sourcing mit KI
Automatisierte Systeme können Unmengen von Bewerbungen durchforsten, relevante Informationen filtern und potenzielle Kandidaten anhand vordefinierter Kriterien identifizieren. Dies beschleunigt nicht nur den Auswahlprozess erheblich, sondern minimiert auch die Gefahr von subjektiven Entscheidungen, denn Vorurteile gegenüber Bewerbenden, beispielsweise allein durch einen ausländisch klingenden Namen, sind leider weiterhin weit verbreitet. Einer KI dagegen sind die Namen egal, wenn sie nicht gezielt dahingehend mit Daten gefüttert werden.
Die Möglichkeiten sind jedoch nicht auf eingehende Bewerbungen begrenzt. So können Crawler-Programme gezielt das Internet nach öffentlich zugänglichen Kontaktinformationen durchforsten, und eine KI fasst die verfügbaren Informationen zu sinnvollen Profilen zusammen, die dann mit Suchmasken durchsucht und für die Direktansprache genutzt werden können. So benutzen wir beispielsweise bereits seit geraumer Zeit mit Erfolg die verschiedenen KI-Systeme von Dealfront im Recruiting und Sales-Bereich
Das Ganze stellt auch eine große Chance für die klassischen Portale wie Xing und LinkedIn dar, denn mit ihrer bereits verfügbaren Datenbank könnten KIs dafür sorgen, dass Recruiter- und Personaler*innen bei der Suche beispielsweise leichter Kandidaten finden können, die bereits vorhandenen passenden Bewerbungen ähneln. Sollten also Xing und LinkedIn auf den Zug aufspringen und die Funktionen zur Verfügung stellen, können die Nutzer*innen der Recruiting-Tools eindeutig im Alltag davon profitieren.
Chatbots im Bewerbungsprozess
Eine weitere voraussichtlich stark ansteigende Nutzung von KI sind Chatbots. Im Bezug aufs Recruiting könnten diese Bewerbenden als erste Anlaufstelle dienen. Sie beantworten grundlegende Fragen, führen Vorabgespräche via Chat und unterstützen Bewerber durch den Prozess. Dies verbessert die Erfahrung der Bewerber und gibt Unternehmen die Möglichkeit, sich von Anfang an modern zu präsentieren. Durch die steigenden sprachlichen Kompetenzen der Chatbots kann der Kontakt dabei sehr menschlich wirken und nicht wie bisher durch die einfachen vorgeschriebenen Gesprächsbäume steif und maschinell. An dieser Stelle sei jedoch gesagt, dass ein menschlicher Austausch immer die bessere Alternative ist und ein direkter Ansprechpartner für Bewerbende in der Employee Journey bevorzugt werden sollte.
KI in der Personalentwicklung
Die Personalentwicklung profitiert ebenfalls von KI-gestützten Tools. Genau wie aus den Daten von Arbeitenden auf Karriereportalen Profile erstellt werden können, können ebenfalls durch Daten aus regelmäßigen standardisierten Feedbackgesprächen, Umfragen und Tests individuelle Mitarbeiterprofile erstellt werden, um fundiertere und optimierte Entwicklungsmaßnahmen abzuleiten.
Skill-Gap-Analyse
KI kann beispielsweise automatisch Skill-Gap-Analysen durchführen, um festzustellen, welche Fähigkeiten im Team fehlen. Auf dieser Grundlage können gezielte Schulungsmaßnahmen entwickelt werden, um die Kompetenzen der Mitarbeiter zu stärken und die Leistungsfähigkeit des Teams zu verbessern.
Personalisierte Schulungsprogramme
Durch KI kann die Personalentwicklung personalisierte Schulungsprogramme erstellen, die den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht werden und durch Chatbots persönlicher gestaltet werden. Dies steigert nicht nur die Effektivität der Schulungen, sondern erhöht auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, da sie sich besser unterstützt fühlen.
KI im Talentmanagement
Effektives Talentmanagement ist entscheidend für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Wie im Bereich der Personalentwicklung kann KI hierbei eine Schlüsselrolle spielen, indem sie Eigenschaften, Muster und Trends im Mitarbeiterverhalten analysiert.
Identifikation von High Potentials
KI kann anhand von Datenanalysen High Potentials im Unternehmen identifizieren. Dies ermöglicht es, gezielte Entwicklungspläne für vielversprechende Fachkräfte zu erstellen und ihre Bindung ans Unternehmen zu fördern. Zeigen die Daten beispielsweise, dass sich Mitarbeiterin X als High Potential entpuppt, kann proaktiv das Gespräch gesucht werden, um die fachliche und finanzielle Entwicklung für die kommenden Jahre zu besprechen.
Teamzusammenstellung
Bei agilen Teams, die projektbezogen zusammengestellt werden, könnten ebenfalls die Personen aus dem Unternehmen ausgesucht und zusammengestellt werden, welche für das Projekt die besten Kenntnisse mitbringen. Es könnte ebenfalls getrackt werden, welche Personen bereits mehrere erfolgreiche Projekte mit spezifischen Eigenschaften miteinander abgeschlossen haben und diese erneut für eine ähnliche Aufgabenstellung als Idealbesetzung vorgeschlagen werden.
Nachfolgeplanung
Durch die Analyse von Daten kann KI Unternehmen bei der Nachfolgeplanung unterstützen. Sie identifiziert potenzielle Kandidat*innen für Schlüsselpositionen innerhalb des Unternehmens und ermöglicht eine gezielte Entwicklung, um die Kontinuität im Management sicherzustellen.
Fluktuationsprognosen
Ebenfalls sind Prognosen in der Fluktuation möglich. Indem Daten über die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und andere Faktoren analysiert werden, kann KI Vorhersagen darüber treffen, welche Mitarbeitenden das Unternehmen in naher Zukunft verlassen könnten. So können Unternehmen frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um Fachkräfte zu halten und Fluktuation zu reduzieren.
KI im Employer Branding
Die Art und Weise, wie Unternehmen sich als attraktive Arbeitgeber präsentieren, hat einen erheblichen Einfluss auf ihre Fähigkeit, talentierte Mitarbeiter*innen anzuziehen. KI kann auch hier einen entscheidenden Beitrag leisten.
Personalisierte Stellenanzeigen
KI kann personalisierte Stellenanzeigen erstellen, die auf die individuellen Präferenzen und Qualifikationen potenzieller Kandidat*innen abgestimmt sind. Dies trägt dazu bei, die Zielgruppe gezielt anzusprechen und die Effizienz von Recruiting-Kampagnen zu steigern. Mit weiter voranschreitender Entwicklung der KI und der festen Implementierung auf beispielsweise Jobportalen besteht zudem die Chance, dass Stellenanzeigen inhaltlich in Echtzeit auf die vorhandenen Fähigkeiten und Interessen angepasst werden. Statt langwierig ausformulierten Texten, die idealerweise alle Interessenten ansprechen, können diese zukünftig beim Aufruf inhaltlich am bestehenden Profil orientiert und individualisiert sein. So kann beispielsweise bei den Benefits statt der einfachen Aussage „Flexible Zeiteinteilung“ beim Aufruf eines Bewerbers, der angegeben hat im Fußballverein Mitglied zu sein, automatisch der Zusatz eingefügt werden „Flexible Zeiteinteilung, um Vereinssport und Arbeit unter einen Hut zu bringen“.
Analyse von Mitarbeiterbewertungen
Durch die Analyse von Mitarbeiterbewertungen in sozialen Netzwerken kann KI Einblicke in das Mitarbeitererlebnis bieten. Unternehmen können auf dieser Grundlage ihre Arbeitsbedingungen verbessern und positive Aspekte ihrer Unternehmenskultur herausstellen. Hierbei ist erneut die Stärke von KI mehrere Quellen zusammenzufassen von Bedeutung. Es ist denkbar eine KI anzulegen, die Daten von Google, Kununu, Glassdoor und sozialen Netzwerken zusammenfasst und dabei eventuell auch Aussagen in Kommentaren unter Postings berücksichtigt. Statt alle Quellen selbst zu durchsuchen und Anweisungen und Empfehlungen abzuleiten, übernimmt die KI hier die Recherche und bereitet die Inhalte verschiedener Quellen auf.
Texte fürs Employer Branding
Bereits seit dem Aufkommen der textbasierten KIs wird sie oft für die Formulierung von Beiträgen und Beschreibungen von Anzeigen und Postings genutzt. Durch die Möglichkeit, Schriftstile mit Beispielen vorzugeben und die Zielgruppe zu definieren, können so deutlich schneller Beiträge und Anzeigen verfasst und gepostet werden. Dank der Einbindung von generativer KI im Bereich grafischer Darstellungen kann so die gesamte Gestaltung von Employer-Branding-Maßnahmen drastisch beschleunigt werden.
Risiken und Herausforderungen
Neben all diesen Möglichkeiten und Chancen, die vielen analytischen Personen sicherlich das Herz höher schlagen lassen, müssen wir dennoch auch einen Blick auf die Risiken und Herausforderungen für den vernünftigen Umgang mit KI werfen. Denn gut gemeint ist nicht immer gut gemacht, und der gläserne Mensch und Datenschutz sind keine neuen Themen.
Entmenschlichung des Recruiting-Prozesses
Eine der zentralen Herausforderungen besteht in der möglichen Entmenschlichung des Recruiting-Prozesses. Die Interaktion zwischen Bewerbenden, Mitarbeitenden und Unternehmen kann durch den Einsatz von KI kalter und unpersönlicher wirken. Dies könnte potenziell zu einem Verlust an Authentizität führen. Viele Menschen haben mittlerweile ein Gespür dafür entwickelt, wenn Texte und Nachrichten von KIs geschrieben wurden. Zwar werden mit steigenden Daten die Texte voraussichtlich immer besser, jedoch ist es wichtig, offen darüber zu informieren, wann ein menschlicher Gegenpart auf der anderen Seite sitzt und wann eine Maschine. Ein Verheimlichen der KI-Nutzung, welche dann gemerkt wird, kann massiv das Vertrauen in den gesamten Prozess zerstören. Gleichzeitig kann ein rein KI-gesteuerter Prozess auch dafür sorgen, dass das Gefühl entsteht, dass sich das Unternehmen nicht einmal die Zeit für Bewerbende und Mitarbeitende nehmen will.
Rassismus und Bias
Algorithmen basieren auf Daten, die von Menschen erstellt wurden. Wenn diese Daten beispielsweise unbewusste Vorurteile oder rassistische Muster enthalten, können KI-Systeme diese übernehmen und verstärken. Es ist daher entscheidend, sicherzustellen, dass die eingesetzten Algorithmen fair und transparent sind. Besondere Vorsicht ist hier bei KIs zu gewährleisten, welche neben Text auch Bilder analysieren. Hier kam es gerade zu den Anfängen oft zu klar rassistischen Ergebnissen gegenüber Personen mit dunkler Hautfarbe, da die Datengrundlage zu dem Zeitpunkt durch überwiegend vorliegendes Bildmaterial von weißen Personen geprägt war. Eine KI, die nach idealen Arbeitnehmer*innen suchen soll und als ideales Profil ausschließlich Lebensläufe mit Bewerbungsfotos von weißen Personen als Grundlage erhält, wird im schlimmsten Fall alle Personen mit anderer Hautfarbe als ungeeignet herausfiltern. Im besten Fall wird auf die Auswertung von Bildmaterial zu Bewerbungszwecken also grundsätzlich verzichtet. Ein Trend, der glücklicherweise seit einigen Jahren generell zu sehen ist.
Datenschutz und Ethik
Der verstärkte Einsatz von KI im Personalwesen bringt zwangsläufig Datenschutzfragen mit sich. Die Sammlung und Analyse großer Mengen sensibler Daten von Mitarbeitenden erfordert strenge Datenschutzrichtlinien und ethische Standards, um Missbrauch zu verhindern und das Vertrauen der Kolleg*innen zu wahren. Gerade für sehr schwierige Fragestellungen wie die oben erwähnten Skill-Gap-Analysen oder Fluktuationsprognosen sind umfangreiche und sehr persönliche Daten erforderlich. Sollten diese Daten gesammelt werden, ist es unabdingbar, für einen ethisch korrekten und datenschutzrechtlich einwandfreien Umgang mit diesen zu sorgen.
Widerstand und Akzeptanz
Die Einführung von KI im Personalwesen kann auch auf Widerstand bei Mitarbeitenden und Bewerbenden stoßen. Die Angst vor Jobverlust, Datenschutzbedenken und das Misstrauen gegenüber automatisierten Entscheidungsprozessen können die Akzeptanz behindern. Es gilt bei vielen Prozessen zusätzlich der Ansatz: „Ganz oder gar nicht“, denn Programme, die Entwicklungspläne, Gehaltserhöhungen oder Vorteile für Mitarbeitende schaffen, die ihre Daten zur Verfügung stellen, müssen auch für die gelten, die Einspruch dagegen erheben. Sonst kommt es zu einer unfairen Bevorteilung derjenigen, die weniger Datenschutzbedenken haben, und im Endeffekt zu einer klaren Ungleichheit im Unternehmen.
Fazit
KI im Personalwesen bietet zweifellos viele Vorteile, doch es ist entscheidend, einen ausgewogenen Ansatz zu verfolgen. Ein Verneinen der Möglichkeiten, die KI bietet, wird wirtschaftlich nicht mehr tragfähig sein, und die Chancen sollten definitiv genutzt werden, um effizientere und objektivere Prozesse zu schaffen, jedoch ohne die menschliche Seite des Personalmanagements zu vernachlässigen. Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass der sorgfältige Umgang mit KI notwendig ist, um möglichen Risiken vorzubeugen. Nur durch eine verantwortungsbewusste Integration von KI können Unternehmen die volle Bandbreite der Möglichkeiten ausschöpfen und gleichzeitig die Menschlichkeit im Personalwesen bewahren.
Apropos Menschlichkeit: unser Claim We Are The Human In HR kommt nicht von ungefähr. Sei es durch fest zugewiesene Ansprechpartner*innen für Sie oder den direkt persönlichen Kontakt mit potenziellen Kandidat*innen per Video, Telefon oder Chat, ein reger Austausch und eine persönliche Ebene in der Zusammenarbeit sind uns wichtig. Sollten Sie also für Ihren Personalbedarf Unterstützung auf einer professionell-persönlichen Ebene suchen sprechen Sie uns gerne an!
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