Im heutigen Arbeitsmarkt stoßen wir regelmäßig auf die Herausforderung, wie mit dem Thema Alter umgegangen wird – sowohl bei der Einstellung neuer Mitarbeiter*innen als auch bei der Zusammenarbeit mit langjährigen Angestellten. Die Innovationskraft und Flexibilität junger Arbeitskräfte wird oft gelobt, während ältere nicht selten mit Vorurteilen konfrontiert sind, insbesondere wenn ein Arbeitsplatzwechsel im fortgeschrittenen Alter ansteht. Viele Führungskräfte und Personalverantwortliche unterschätzen die wertvollen Beiträge, die erfahrene Angestellte einbringen können, sei es durch ihre umfassende Erfahrung oder als temporäre Lösung für Vakanzen.
Unternehmen lehnen qualifizierte Kandidat*innen ab, weil sie vermeintlich nur noch wenige Jahre bis zur Rente beschäftigt sein könnten, obwohl sie dringend benötigte Kompetenzen mitbringen. Daher möchten wir verbreitete Missverständnisse aufklären und darlegen, warum es sowohl aus ethischer als auch ökonomischer Perspektive sinnvoll ist, sich für ältere Arbeitnehmer*innen zu entscheiden.
Inhaltsverzeichnis
Reale Situation der Altersdiskriminierung
In vielen mittelständischen Unternehmen gibt es die Tendenz, eine inoffizielle Altersgrenze bei der Einstellung neues Personals festzulegen. Ältere Bewerbende werden oft ignoriert, obwohl sie über die erforderlichen Qualifikationen verfügen. Stattdessen wird häufig der jüngere Bewerbende mit weniger Erfahrung ausgewählt, weil man denkt, dass er noch lange im Unternehmen bleiben wird.
Wir sehen das auch in unserem täglichen Geschäft: Wir suchen bereits seit längerem nach jemandem für eine anspruchsvolle Position mit hohen Anforderungen. Dann finden wir jemanden, der bereit ist, die letzten Jahre seiner Karriere noch einmal voll einzusetzen und alle gewünschten Anforderungen erfüllt. Dennoch wird er abgelehnt, weil er nur noch 5 Jahre als Arbeitskraft zur Verfügung steht. Dies ist ein klarer Fall von leider weit verbreiteter Altersdiskriminierung, die nicht nur gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstößt und wirtschaftliche Chancen ungenutzt lässt, sondern auch die hohe Wechselbereitschaft jüngerer Fachkräfte komplett außer Acht lässt.
Bekannte Vorurteile gegenüber älteren Bewerber*innen und die Realität
Gängige Vorurteile gegenüber älteren Arbeitnehmenden umfassen ein angeblich eingeschränktes technisches Verständnis, Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit anderen Teammitgliedern, eine höhere Krankheitsanfälligkeit sowie die Annahme, dass sie aufgrund des nahenden Rentenalters nur kurzfristig verfügbar seien. Diese Annahmen halten einer differenzierten Betrachtung jedoch oft nicht stand.
Technische Fähigkeiten
Es gilt oft der Stereotyp ältere Menschen seien technisch weniger versiert. Dabei wird aber meist vergessen, wie viel heutzutage bei all den individuellen Softwarelösungen sowieso erst On-The-Job gelernt werden muss. Es zählt also zur normalen Einarbeitung, die auch von älteren Kandidat*innen geschafft werden kann. Im besten Fall hat der potenzielle ältere Bewerbende sogar noch mit den Ursprungsvarianten der verwendeten Tools gearbeitet und bringt daher ein tiefergehendes Verständnis der grundsätzlichen Funktionsweise der Anwendung mit, als lediglich die Kompetenz, die moderne Eingabemaske zu füllen.
Die ältere Generation kam zusätzlich oft noch ohne jegliche Technik aus, was in einigen Fällen sehr hilfreich sein kann. Denn wenn die Technik mal streikt, ist es nicht verkehrt jemanden im Team zu haben, der die Aufgaben noch mit Zettel, Papier und auswendig gelernten Formeln lösen kann.
Teammentalität
Die Zusammenarbeit von jüngeren und älteren Arbeitnehmenden hängt weniger von Altersunterschieden als vielmehr von der Persönlichkeit und Einstellung der einzelnen Teammitglieder ab. Es ist daher nicht gerechtfertigt, ältere Mitarbeitende pauschal als hinderlich für die Teamdynamik anzusehen. Mit ihrer Erfahrung können sie jüngeren Kollegen insbesondere im Umgang mit Kunden, unrealistischen Deadlines und in stressigen Arbeitssituationen wertvolle Unterstützung bieten.
Krankheitsraten
Obwohl ältere Arbeitnehmende statistisch gesehen längere Ausfallzeiten aufgrund von Krankheit haben, ist ihre Häufigkeit an Fehltagen geringer als bei jüngeren Mitarbeitenden, die oft kurzfristig, jedoch regelmäßiger fehlen. Ein weiterer Punkt hinsichtlich kurzfristiger Ausfälle, ist sicherlich auch die familiäre Situation. Ältere Personen haben meist keine Kinder mehr im Haus, wegen der sie spontan ausfallen könnten. Sie tragen aber auf der anderen Seite ein höheres Risiko bzgl. der Länge des Ausfalls. Ein direkter Vergleich ist also schwer möglich, wobei Vermutungen über den zukünftigen Gesundheitszustand von Mitarbeitenden generell nicht als ausschlaggebender Faktor bei der Suche nach Arbeitnehmenden betrachtet werden sollte.
Renteneintrittsalter
Die Annahme, dass die Beschäftigungsdauer älterer Arbeitnehmender innerhalb der Firma durch die Nähe zum Renteneintritt kürzer ausfällt, vernachlässigt den aktuellen Trend des Arbeitsmarktes. Durch die Anhebung des Renteneintrittsalters in Deutschland sind Arbeitnehmende länger verfügbar. Hinzu kommt, dass jüngere Mitarbeitende sich häufiger aus verschiedenen Gründen beruflich neu orientieren (Job-Hopping) und somit kein Garant für eine langfristige Anstellung sind, während ältere Arbeitnehmende tendenziell stabiler und motivierter sein können, da sie sich oft an einer “letzten guten Stelle vor der Rente” engagieren möchten.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei der Evaluierung älterer Bewerbender ein Fokus auf deren individuelle Fähigkeiten, Engagement und Charaktereigenschaften essentiell ist, anstatt voreingenommen auf Alterseinstufungen zurückzugreifen. In einer Zeit, in der der Mangel an Fachkräften spürbar ist, wäre es sowohl wirtschaftlich unklug als auch ethisch bedenklich, eine Vakanz aufgrund unbegründeter Vorbehalte gegenüber erfahrenen Kandidat*innen nicht zu besetzen. Es ist Aufgabe der Personalabteilungen, in den Rekrutierungsverfahren die spezifischen individuellen Qualitäten zu identifizieren, die für die Stelle erforderlich sind.
Letztendlich zielt die wesentliche Entscheidung darauf ab, den Menschen zu finden, der charakterlich und fachlich am besten in das Team passt – und diese Entscheidung ist erfreulicherweise vollkommen unabhängig vom Alter. Daher ist es ratsam, auch älteren Bewerbenden eine gerechte Chance zu geben und ihnen Gehör zu schenken.
Und falls Sie dabei unterstützen brauchen sollten, sprechen Sie uns gerne an!
Wir legen großen Wert auf den perfekten Fit zwischen Unternehmen und Kandidat*innen und helfen Ihnen gerne dabei die passenden zu finden.
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