Pflicht zu Gehaltsangaben ab 2026

Einleitung

Gemäß der Regelung der EU, der Europäischen Entgelttransparenzrichtlinie (EU/2023/970), die seit Juni 2023 besteht, sind Unternehmen unter anderem dazu verpflichtet, ab dem 7. Juni 2026 in jeder Stellenanzeige das durchschnittliche monatliche Basisgehalt oder das durchschnittliche Gesamtjahresgehalt anzugeben (Quelle: Hausner – Haufe, 2023). Also, das Gehalt gehört dann mit in die Jobanzeigen.

Bis es so weit ist, haben Unternehmen noch Luft, um ihre Gehaltsstrukturen zu überprüfen und ihre Gehaltskommunikation mit Bewerbenden, und mindestens genauso wichtig, mit den langjährigen Angestellten zu optimieren und auf den neuesten Stand zu bringen. Genau aus diesem Grund, wollen wir in diesem Blogbeitrag frühzeitig die aktuelle Lage einmal durchleuchten und darüber informieren, was jetzt zu tun ist.

Inhaltsverzeichnis

Einführung in die Entgelttransparenzrichtlinie

Hintergrund der EU-Richtlinie

Die Entgelttransparenzrichtlinie ist eine Reaktion auf den fortwährenden Gender Pay Gap und das Bestreben, Lohndiskriminierung zu bekämpfen.

Dank der neuen EU-Richtlinie zur Lohntransparenz müssen Unternehmen regelmäßig belegen, dass sie beim Thema Gehalt fair spielen. Sie werden dazu angehalten, in einem Bericht ganz transparent zu zeigen, was Frauen und Männer für dieselbe oder gleichwertige Arbeit verdienen. Dabei werden auch die Rechte der Angestellten, Auskunft zu bekommen, deutlich verstärkt. Auswirkungen dieser Richtlinie wird außerdem voraussichtlich sein, dass es ab Juni 2026 erforderlich sein wird in Stellenanzeigen Gehaltsinformationen anzugeben, was die Gehaltsstrukturen faktisch für den Arbeitsmarkt transparent macht.

Zeitplan der Umsetzung in Deutschland

Nachdem die Richtlinie bereits 2023 verabschiedet wurde, hat Deutschland nun bis zum Jahr 2026 Zeit, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Dies bedeutet eine deutliche Veränderung der bisherigen Praxis und stellt Unternehmen vor neue Aufgaben in Sachen Gehaltstransparenz.

Herausforderungen bei der Gehaltstransparenz

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Traditionelle Gehaltsstrukturen vs. Transparenz

Traditionelle Vergütungsmodelle sind oft komplex und basieren auf objektiven Faktoren wie Erfahrung und nachweisbarer Leistung. Ein nicht zu vernachlässigender Teil wird aber auch durch das individuelle Verhandlungsgeschick und leider auch von Annahmen und Vorurteilen bestimmt.

Neben subjektiven und persönlichen Einflussfaktoren auf die verhandelnden Parteien, gibt es ein weiteres Problem. Die Grundlage der Verhandlungsstrategie der Arbeitnehmenden, beruht durch nicht verfügbare Anhaltspunkte zur Gehaltsstruktur, oft auf unrealistischen Dimensionen und Vorstellungen. Die Verhandlungen können oft direkt in ungleichen Verhältnissen starten und durch einen zu hohen oder auch zu niedrigen Gehaltswunsch, da kein Vergleich möglich war, von Beginn an suboptimal laufen.

Hier gibt es natürlich Extremfälle, in denen Wünsche von Bewerbenden exorbitant hoch sind oder so niedrig, dass selbst Unternehmen proaktiv sagen, dass der Gehaltswunsch etwas höher ausfallen kann oder ein höheres Angebot anbieten, doch sind wir ehrlich: in den meisten Fällen steht die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund und Unternehmen nehmen niedrigere Gehaltswünsche gerne an, obwohl für die Aufgaben und im Vergleich zum Kollegium ein größeres Budget für die Stelle verfügbar gewesen wäre.

Genau diese Einflüsse durch Unwissenheit sollen aber in Zukunft nicht mehr möglich sein, und Unternehmen, die bisher deutlich davon profitierten, werden schnell merken, dass die Umstellung auf transparente Systeme eine große Herausforderung sein wird.

Befürchtungen von Unternehmen und Mitarbeitenden

Unternehmen haben dementsprechend nicht ohne Grund Sorgen wegen dieser Neuerungen.

So birgt die Offenlegung von Gehältern beispielsweise das Risiko der Unzufriedenheit unter den Mitarbeitenden. Man stelle sich nur vor, dass man erfolgreich und zufrieden seit einem Jahrzehnt in einem Unternehmen arbeitet und dann mitbekommt, dass der vor kurzem eingestellte Kollege bereits in der Probezeit ein sehr ähnliches Gehalt erhält. Das kann und wird definitiv für Diskussionen und vermutlich auch einigen Unmut sorgen, besonders am Anfang, wo allein durch die Neuheit der Option viele Mitarbeitende die Auskunft zu den Gehältern einfordern werden. Es sei aber anzumerken, dass eine gewisse Unzufriedenheit mit dem Gehalt und der Wunsch nach einer Steigerung ganz natürlich sind und bereits jetzt bei den meisten auftreten, zukünftig dann nur mit Vergleichswerten.

Wirklich Sorgen sollten jedoch Unternehmen haben, die aktuell massive Unterschiede in den Gehältern aufweisen und bewusst die Strategie der Geheimhaltung nutzen. Da ein aktives Nutzen dieser Strategie aber generell moralisch fragwürdig ist und die Richtlinie genau das bekämpfen soll, können wir an dieser Stelle nur mitteilen, dass noch ein wenig Zeit bis zur Umsetzung in deutsches Recht vorhanden ist und wir daher empfehlen, diese auch klug für interne Reformierungen zu nutzen.

Wettbewerbsnachteile und Talentabwerbung

Viele Geschäftsführer*innen befürchten einen Verlust ihres Wettbewerbsvorteils durch Abwerbung von Talenten, wenn Konkurrenzunternehmen Einblick in die Gehaltsstrukturen erhalten.

Eine offene Entgeltstruktur könnte schließlich dazu führen, dass Konkurrenzunternehmen attraktivere Gehaltspakete schnüren, um wertvolle Arbeitskräfte abzuwerben. Dies befeuert die Diskussion um eine potenzielle Verschlechterung der Wettbewerbsposition.

Diese Diskussion ist auch legitime Kritik, denn es werden besonders die mittelständischen und kleinen Unternehmen im Wettbewerb dadurch Nachteile erhalten, da sie oft mit den Gehaltspaketen von Großkonzernen nicht mithalten können. Wie wir aber bereits in anderen Artikeln über Benefits oder der 4-Tage-Woche zeigten, ist Gehalt viel, aber für Bewerbende und bestehende Kolleg*innen sicherlich nicht alles, was einen Job attraktiv macht. Es wird zukünftig also noch wichtiger für kleine und mittelgroße Unternehmen, mit den Arbeitsbedingungen und Benefits zu punkten.

Positive Effekte durch offene Gehaltsangaben

Neben den teilweise berechtigten Sorgen vor den kommenden Veränderungen kommt die Richtlinie aber nicht von ungefähr und kann massiv dazu beitragen, dass es auf dem Arbeitsmarkt mehr Fairness gibt. Es wird, wie bei allen Neuerungen, am Anfang zu vielen neuen Aufgaben, Diskussionen und Gesprächen kommen, aber auf lange Sicht auch klare Vorteile geben.

Vertrauensbildung und Fairness

Transparent dargelegte Gehaltsstrukturen können das Vertrauen in ein Unternehmen stärken, da sie die Gleichbehandlung der Mitarbeitenden betonen und für Fairness im Vergütungssystem sorgen. Durch die Richtlinie und die verpflichtenden Inhalte in der Umsetzung wird ein wichtiger Schritt gegen diskriminierende und unbegründete Niedrighaltung von Gehältern getan.

Motivation und Mitarbeiterbindung

Eine transparente Gehaltsstruktur kann zu einer erhöhten Mitarbeitermotivation führen. Wissen Arbeitnehmende um die Fairness der Gehaltsstruktur, steigt oft auch die Loyalität gegenüber dem Unternehmen, besonders wenn dieses dann zusätzlich durch andere Inhalte in der Firmenkultur punkten kann. Mitarbeitende, die wissen, dass sie intern und vor allem selbst im Marktvergleich fair bezahlt werden und sich in Sachen Unternehmenskultur und Arbeitsinhalten grundsätzlich wohlfühlen, werden weniger zu spontanen “mal schauen, was der Stellenmarkt hergibt” Wechselmotivationen neigen.

Chancengleichheit, Arbeitgeberattraktivität und Zeitersparnis

Die offene Kommunikation der Gehälter fördert Chancengleichheit und trägt zur Arbeitsplatzvielfalt bei. Für potenzielle neue Mitarbeitenden erhöht sich langfristig betrachtet die Attraktivität von Unternehmen, da sie grundsätzlich von einer fairen Bezahlung ausgehen können und Firmen, in denen es (noch) nicht so ist, meiden. Perspektivisch kann sich also während der Jobsuche auf die Arbeitsinhalte, den Eindruck der Firma und die eigenen Fähigkeiten konzentriert werden, statt immer auch die Frage im Kopf zu haben, ob sich eine Bewerbung und der Prozess überhaupt lohnt, weil man erst am Ende über das Gehalt verhandelt. Es kommt also gleichzeitig auch zu einer Zeitersparnis für Bewerbende, Recruiter*innen und Personaler*innen.

Praktische Umsetzung der Gehaltstransparenz

Analyse und Definition von Vergütungsmodellen

Es gilt, die aktuellen Gehälter zu analysieren und neue, transparente Vergütungsstrukturen zu entwickeln. Hierbei sollten relevante Faktoren wie Erfahrung und Qualifikation ebenso berücksichtigt werden wie marktübliche Gehälter und Vergleiche zur direkten Konkurrenz.

Kommunikation im Unternehmen

Die Einführung transparenter Gehälter muss klar und frühzeitig kommuniziert werden, dabei sollten auch die Kriterien für die Festlegung der Gehälter transparent gemacht werden. Sollten im Rahmen der neuen Vergütungsstrukturen auch direkt Auswirkungen auf die Gehälter einiger Kolleg*innen kommen, müssen diese ebenfalls von Beginn an und so ausführlich wie möglich darüber informiert werden.

Anpassung und Überprüfung der Gehaltsstrukturen

Eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Gehaltsstrukturen ist essenziell, um diese aktuell und fair zu halten. Es muss ein regelmäßiges Monitoring erfolgen, um auf Marktveränderungen flexibel reagieren zu können.

Rechte und Verpflichtungen nach der Richtlinie

Im Folgenden einmal der Überblick über die eindeutigen Vorschriften, die in der Richtlinie enthalten sind. Während die detaillierten Auswirkungen und Formen der Umsetzung noch nicht gänzlich auszumalen sind, gibt es dennoch bereits eindeutige Pflichten, die in direkter oder leicht abgewandelter Form kommen werden.

Zugang zu Informationen für Bewerbende und Mitarbeitende

Mitarbeitende und potenzielle neue Angestellte haben zukünftig ein Recht darauf, Informationen über Gehälter und Gehaltsfindungssysteme zu erhalten. Sie dürfen Anträge auf eine Auskunft stellen.

Unternehmen sind laut Art. 6 der EU-Richtlinie dazu angehalten, ihre Mitarbeitenden darüber aufzuklären, nach welchen Maßstäben ihr Gehalt festgelegt wird – also wie viel sie verdienen und warum. Diese Informationspflicht der Unternehmen wird jetzt durch stärkere Auskunftsrechte der Arbeitnehmenden ergänzt, was eine Weiterentwicklung im Vergleich zum älteren deutschen Entgelttransparenzgesetz darstellt.

Jetzt können Beschäftigte nicht nur ihr eigenes Gehalt erfragen, sondern auch die Durchschnittseinkommen bekommen – und zwar getrennt nach Geschlecht und innerhalb der Vergleichsgruppen, die gleiche oder ähnliche Arbeit leisten. Dieses Recht steht allen Mitarbeitenden offen, egal wie groß das Unternehmen ist.

Was sich auch verändert, ist der Bezugsrahmen: Es wird nicht mehr der Median genommen, sondern der Durchschnitt als Vergleichsbasis. Das heißt, Arbeitnehmende können besser nachvollziehen, wie ihr Gehalt im Verhältnis zum Durchschnitt steht und bei weniger Mitarbeitenden sogar die genauen Gehälter ihrer Kolleg*innen herausfinden.

Laut Art. 7 Abs. 3 müssen Unternehmen ebenfalls ihre Angestellten jedes Jahr aktiv darüber in Kenntnis setzen, dass sie das Recht haben, solche Informationen einzufordern und wie genau sie dabei vorgehen müssen.

Berichterstattung über das Entgeltgefälle

Sobald ein Unternehmen die Schwelle von 100 Angestellten erreicht, ist es nach Art. 9 gefordert, eine Art Report über die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern innerhalb der Firma zu erstellen. Je nach Unternehmensgröße gibt es da unterschiedliche Fristen, die sich bis 2031 erstrecken können.

Durchsetzungsmöglichkeiten bei Verstößen

Bei Nichteinhaltung der neuen Verpflichtungen sieht die EU-Richtlinie Entschädigungen und wirksame Sanktionen vor. Die Unternehmen werden somit stark in die Pflicht genommen, die neuen Regeln zu befolgen.

Zeigt die Analyse der Entgeltdaten ein Lohngefälle zwischen den Geschlechtern von wenigstens 5 Prozent, das nicht mit geschlechtsunabhängigen, objektiven Gründen begründet werden kann, ist das Unternehmen verpflichtet, in Kooperation mit den Vertretungen der Arbeitnehmerschaft (Betriebsrat) eine Überprüfung der Entgeltstrukturen durchzuführen und Gegenmaßnahmen zu erarbeiten, um die festgestellten Entgeltdifferenzen zu eliminieren.

Vorbereitung auf die kommenden Veränderungen

Strategien für HR-Manager

HR-Manager müssen sich frühzeitig mit den anstehenden Veränderungen auseinandersetzen und eine Strategie für die Umsetzung der Transparenzanforderungen entwickeln. Ein erster Schritt wäre die eindeutige Identifizierung von sinnvollen Benchmarks. Benchmarking hilft dabei, wettbewerbsfähige Gehaltsstrukturen zu erarbeiten. Durch die zusätzliche Erarbeitung von umfassenden aber möglichst genauen Gehaltsbändern in den verschiedenen Positionen, wird eine klare Struktur geschaffen, die die Umsetzung der Transparenz erleichtert.

Wichtig dabei: der sensible Umgang mit Gehaltsdaten ist essenziell. Datenschutzrechtliche Aspekte müssen bei der Offenlegung von Gehaltsstrukturen zwingend berücksichtigt werden.

Fazit

Für Geschäftsführer*innen und Personaler*innen bieten sich durch die neue Entgelttransparenzrichtlinie sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Es wird anfangs ein steiniger Weg, aber langfristig gesehen können so die nicht zu leugnenden Ungleichheiten in der Arbeitswelt aktiv bekämpft werden. Damit es bei der Umsetzung nicht zu großen Problemen kommt, ist es unabdingbar, sich frühzeitig auf die Veränderungen einzustellen und das Unternehmen strategisch darauf auszurichten, um sowohl den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden als auch die Mitarbeitermotivation und den guten Ruf als attraktives Unternehmen zu wahren.

Falls Sie Unterstützung bei der Suche nach neuen Angestellten innerhalb Ihrer verfügbaren Gehaltsrange für Vakanzen brauchen, kommen Sie gerne auf uns zu. Wir bei den TALENTLOTSEN sind Profis in dem Bereich der Direktansprache und können bereits im Erstkontakt mit Kandidat*innen etwaige Gehaltswünsche besprechen. Sprechen Sie uns gerne an!

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