Einleitung
Telefonansprache im Recruiting ist eine Methode, bei der potenzielle Kandidat*innen telefonisch kontaktiert werden, um sie für offene Stellen im Unternehmen zu gewinnen.
Bei der telefonischen Ansprache von Kandidat*innen durch das Recruiting sind stets die aktuell geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten (insbesondere Wettbewerbsrecht, Datenschutz und Persönlichkeitsrechte). Dies gilt vor allem bei der sogenannten Kaltakquise (also des telefonischen Erstkontaktes), aber auch bei Folgekontakten gibt es gewisse Vorgaben.
Da der rechtlich zulässige Rahmen einem steten Wandel unterliegt, versteht sich die nachfolgende Darstellung nicht als Rechtsberatung, sondern zeigt lediglich (ohne Gewähr) die aktuelle Rechtslage aus dem Blickwinkel des Recruitings / einer Personaldienstleistung auf.
Inhaltsverzeichnis
Grundsätzliches zur Telefonansprache
Die Telefonansprache von potenziellen Kandidat*innen bietet eine persönliche und unmittelbare Möglichkeit, um qualifizierte Fachkräfte für offene Positionen im Unternehmen zu gewinnen. Dabei sollte das Wettbewerbsrecht und der Datenschutz beachtet werden.
Wettbewerbsrecht
Es ist nicht grundsätzlich unzulässig, potenzielle Kandidat*innen im B2C-Bereich telefonisch zu kontaktieren, auch wenn manche Autoren oder Quellen im Internet behaupten, dass dies immer gegen das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) verstoßen würde.
Der genaue rechtliche Rahmen hängt davon ab, welches Produkt oder welche Branche beworben wird. Im Bereich der Personaldienstleistung gilt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht zwischen Unternehmen und Kunden.
Die üblichen Schutzmaßnahmen des Bundesgerichtshofs (BGH) für den Angerufenen finden hier keine Anwendung, weshalb die telefonische Kaltakquise im B2C-Bereich keine unzumutbare Belästigung gemäß § 7 II Nr. 1 UWG darstellt.
(vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.01.2001, Az.: 6 U 167/00; OLG Jena, Urt. v. 23.10.2002- 2 U 282/02; Schaub-ArbR-Handbuch, 20. Aufl. 2023, dort § 51, III, 3, b).
Datenschutz
Der Datenschutz ist kein Hindernis für die erste Kontaktaufnahme, sondern spielt erst bei der weiteren Verarbeitung der Daten eine Rolle. Da bei einem Erstanruf meist keine Einwilligung vorliegt, sollte man immer die Zustimmung zur weiteren Kommunikation einholen, um die gewonnenen Daten verarbeiten zu dürfen.
Zudem sollten Informationen über die Datenverarbeitung und die Widerspruchsrechte gegeben werden. Dies kann mündlich erfolgen, sollte aber aus Beweisgründen nach dem Gespräch per E-Mail bestätigt werden, einschließlich eines Hinweises auf den Datenschutz.
Wettbewerbsrechtliche Einschränkungen
Es gibt wichtige rechtliche Einschränkungen bei der telefonischen Abwerbung von Mitarbeiter*innen durch andere Unternehmen (Headhunting/Recruiting).
Laut Bundesgerichtshof (BGH) darf der Anruf nur
- eine erste Kontaktaufnahme sein
- bei der sich der Anrufer kurz vorstellt
- den Zweck des Anrufs erklärt
- fragt, ob Interesse an dem Gespräch besteht.
Nur wenn das Gespräch bejaht wird, darf die Position kurz beschrieben und ein weiteres Gespräch außerhalb des Arbeitsplatzes angeboten werden.
Wenn das Gespräch länger als ein paar Minuten dauert, könnte dies als unzulässige Werbung angesehen werden (BGH, Urteil v. 4. März 2004 – I ZR 221/01; BGH, Urteil v. 22. November 2007 – I ZR 183/04).
Unterschiede außerhalb und innerhalb der Arbeitszeit
Bei der telefonischen Ansprache von potenziellen Kandidat*innen ist es wichtig, zwischen Anrufen außerhalb und innerhalb der Arbeitszeit zu unterscheiden, da unterschiedliche rechtliche Vorgaben und Verhaltensweisen zu beachten sind.
Außerhalb der Arbeitszeit (Privatnummern)
Anrufe auf dem privaten Festnetz oder Mobiltelefon sind grundsätzlich erlaubt, da die Schutzvorschriften des Bundesgerichtshofs (BGH) für Telefonwerbung hier nicht gelten. Solche Anrufe sind aus Sicht der freien Marktwirtschaft und des Rechts auf Arbeit (Art. 12 Abs. 1 GG) erlaubt.
Wettbewerbsrechtlich gibt es keinen Verstoß, solange der Anruf außerhalb der Arbeitszeit erfolgt. Daher können solche Gespräche auch länger und ausführlicher sein.
Während der Arbeitszeit (Privatnummern oder berufliche Nummern)
Anrufe auf beruflichen Anschlüssen, ob Festnetz oder Mobil, sowie auf privaten Mobiltelefonen während der Arbeitszeit sind laut Bundesgerichtshof (BGH) erlaubt, aber nur unter bestimmten Bedingungen.
Das Gespräch sollte kurzgehalten werden. Da es oft nicht klar ist, ob es sich um eine private oder berufliche Nummer handelt, sollte man immer fragen, ob die Person gerade arbeitet:
- Wenn nein, ist alles gut (dann kurz die Einwilligung zur privaten Korrespondenz holen)
- Wenn ja, die rechtlichen Grenzen beachten (Gespräch kurzhalten, nur das Wesentliche besprechen und einen Folgetermin außerhalb der Arbeitszeit vereinbaren
Tipps aus der Praxis
Zum Schluss einige praktische Tipps, um die Ansprache erfolgreich und rechtssichter zu gestalten. Damit Verstöße gegen das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) vermieden werden, empfiehlt es sich
- Bei Erstkontakt nicht umfangreich auf Lebenslauf der Angerufenen einzugehen (dies stellt bereits ein Indiz für ein Umwerben dar und geht über den notwendigen Inhalt einer ersten Kontaktaufnahme am Arbeitsplatz hinaus)
- keine Nutzung verwerflicher Mittel/ Methoden (z.B. falsche Identitätsangaben gegenüber einer Telefonzentrale, um durchgestellt zu werden) oder bedrängende / aufdringliche Inhalte
- Folgetermine während der Arbeitszeit sind unzulässig, daher bei Folgeterminen immer erfragen, in welcher Situation sich Angerufene gerade befinden.
Fazit
Die telefonische Ansprache von potenziellen Kandidat*innen bietet eine effektive Möglichkeit, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, erfordert jedoch die Beachtung rechtlicher Rahmenbedingungen wie Wettbewerbsrecht und Datenschutz. Durch eine sorgfältige und rechtskonforme Vorgehensweise können Unternehmen die Vorteile dieser Methode nutzen und gleichzeitig rechtliche Risiken minimieren.
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